Login

Kennwort:
Kennwort vergessen?

Forschungsberichte Nr. 10


Volker Knabe:
Zum Einfluß der Heizflächenrauhigkeit auf den Wärmeübergang und die maximale Wärmestromdichte beim Blasensieden

In der vorliegenden Arbeit werden Berechnungen zum Einfluß der Rauhigkeit der Heizfläche auf den Wärmeübergang beim Blasensieden durchgeführt. Dabei werden Messungen aus der Literatur mit den Halogenkältemitteln R12 und R13B1, mit Schwefelhexafluorid und mit Propan zum Wärmeübergang und zur maximalen Wärmestromdichte des Blasensiedens - überwiegend bei Siededrücken über ca. 10% des kritischen Druckes – und eigene Rauhigkeitsmessungen ausgewertet. Unter Verwendung von Modellvorstellungen zum Wärmeübergangsmechanismus von einer ausgedehnten Heizfläche an eine unter Blasenbildung siedende Flüssigkeit werden aus dem experimentellen Zusammenhang des Wärmeübergangskoeffizienten a  mit der Wärmestromdichte q bzw. der Überhitzung  T der Flüssigkeit and der Heizwand Größenverteilungen aktiver Blasenkeime berechnet. Parallel dazu wird die Oberfläche glatt gezogener Rohre nach einem besonderen Schmirgelverfahren behandelt und die dabei entstandene Größenverteilung von Rauhigkeitsvertiefungen messtechnisch erfasst und mit den Größenverteilungen aktiver Blasenkeime in Verbindung gebracht.

 

Aus den Wärmeübergangsmessungen erhält man flüssigkeitsspezifische sowie oberflächenspezifische Größenverteilungen, aus denen hervorgeht, dass auf der einen Seite bei konstanter, niedriger Wärmestromdichte mit wachsendem Druck die Größe aktiver Blasenkeime abnimmt und die Zahl aktiver Blasenkeimstellen stark zunimmt. Auf der anderen Seite findet sich bei konstantem Siededruck mit zunehmender Wärmestromdichte bzw. Flüssigkeitsüberhitzung  bei beginnender Blasenverdampfung eine ähnliche Abnahme der Keimgröße wie mit wachsendem Druck, jedoch eine - je nach Siededruck - merklich schwächere Zunahme der Keimstellenzahl, die bei ausgeprägter Blasenverdampfung sogar wieder abnimmt.

 

Das unterschiedliche Verhalten lässt sich durch die aus der Literatur übernommenen Vorstellungen zum Anwachsen einer Dampfblase und zur Wärmeübertragung von der Heizfläche an die Flüssigkeit im Einflussbereich einer Blase erklären: Das Blasenwachstum wird bei den insgesamt verhältnismäßig hohen normierten Siededrücken, die hier untersucht werden, als wärmestromkontrolliert angenommen und der Widerstand durch die Trägheit der Flüssigkeit vernachlässigt. Daraus folgt eine Zunahme des Blasenabreißdurchmessers mit wachsender Wärmestromdichte bei konstantem Druck, während der Abreißdurchmesser mit wachsendem Druck wegen der Abnahme der Oberflächenspannung abnimmt. Für die Wärmeübertragung im Blaseneinflussbereich wird instationäre Wärmeleitung an die im Nachlauf der aufsteigenden Blase zur Heizfläche strömende Flüssigkeit angenommen. Das bedeutet, dass bei großem Abreißdurchmesser der Blase das treibende Temperaturgefälle und damit die Verdampfungsrate im zeitlichen Mittel kleiner ist, als bei kleinem Abreißdurchmesser.

 

Die Oberflächenmessungen führen zu einer Größenverteilung für die maximal aktivierbaren Keimstellen, indem jeder Vertiefung der Oberfläche ein nach dem Ablösen einer Blase zurückbleibender Dampfrest als Blasenkeim zugeordnet wird, dessen Volumen gleich dem Volumen der Vertiefung ist. Diese Verteilung gibt bei gleicher Keimgröße stets eine größere Zahl aktivierbarer Keimstellen an, als nach der Auswertung der Wärmeübergangsmessungen aktiviert waren. (Mit Ausnahme einiger Wärmeübergangsmessungen an R13B1). Der Unterschied zwischen beiden Keimstellenzahlen, der bei niedrigem Druck und hoher Wärmestromdichtewesentlich größer ist als bei hohem Druck und niedriger Wärmestromdichte, kann durch die Inaktivierung von Keimstellen im unmittelbaren Bereich einer anwachsenden Blase erklärt werden, was bei großem Abreißdurchmessern viel stärker in’ s Gewicht fällt als bei kleinen.

 

Die aus den Rauhigkeitsmessungen ausgewertete Größenverteilung wird in Verbindung mit den Größenverteilungen aus den Wärmeübergangsmessungen dazu benutzt, in umgekehrter Schlußfolge Wärmeübergangskoeffizienten aus Größenverteilungen vorauszuberechnen. Dabei läßt sich ein Anschluß der Messungen beim Blasensieden und hohen Siededrücken bis zum Wärmeübergang bei freier Konvektion ohne Blasen  herstellen. Im Zuge dieser Rechnung wird deutlich, daß der a, q-Zusammenhang verhältnismäßig unempfindlich gegen die Lage der Größenverteilungen von Keimstellen bei schwacher Blasenverdampfung ist. Unter Berücksichtigung der Unsicherheiten, die auf der Auswertung von Literaturangaben zur Blasenbildung beruhen, ist damit ein quantitativer Zusammenhang zwischen der Oberflächenstruktur der Heizfläche und dem Wärmeübergangskoeffizienten beim Blasensieden gefunden.

 

Die Auswertung zu Anzahl und Einflußbereich von Dampfblasen aus den Wärmeübergangsmessungen beim Blasensieden wird zugleich verwendet, um die maximale Wärmestromdichte des Blasensiedens (burnout) vorauszuberechnen. Dazu wird die Annahme gemacht, daß das mit der maximalen Wärmestromdichte verbundene Zusammenwachsen der Blasen zu einem ausgedehnten Dampffilm bei demjenigen Belegungszustand der Heizfläche mit Blasen geschieht, bei dem sich die einander benachbarten Blasen zum Abreißzeitpunkt gerade berühren. Die auf diese Weise aus den Wärmeübergangsmessungen extrapolierte maximale Wärmestromdichte stimmt hinsichtlich der relativen Druckabhängigkeit und des Absolutwertes bei hohen normierten Drücken sehr gut mit Meßwerten überein. Bei tieferen normierten Drücken, im Bereich des Maximums der maximalen Wärmestromdichte, wird die relative Druckabhängigkeit ebenfalls exakt wiedergegeben, während etwas zu niedrige Absolutwerte berechnet werden. Das läßt sich korrigieren, indem bei den größeren Blasenabreißdurchmessern und kleineren Blasenfrequenzen in diesem Druckbereich ein dichteres Zusammenrücken der Blasen als nach der obigen Annahme in dem Sinne zugelassen wird, daß benachbarte Blasen nicht gleichzeitig, sondern nacheinander ablösen, die eine jeweils während der Aufheizphase der Flüssigkeit an der Keimstelle der anderen.


Zurück zur Übersicht