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Forschungsberichte Nr. 46


Peter Sokol:
Untersuchungen zum Wärmeübergang beim Blasensieden an Glatt- und Rippenrohren mit großen Außendurchmesser

In der vorliegenden Arbeit wird der Wärmeübergang beim Blasensieden der Kohlenwasser­stoffe Propan und n-Hexan an der Außenseite von horizontalen Glatt- und Rippenrohren mit Außendurchmessern von ca. 90 mm untersucht, von denen ein Glattrohr geschmirgelt und die beiden übrigen Rohre in gleicher Weise sandgestrahlt waren. Die Messungen erstrecken sich über einen großen Druckbereich, der von einem Drittel des Atmosphärendruckes bis zu 80% des kritischen Druckes reicht. Die auf die Fläche des Kernrohres bezogene Wärme­strom­dichte wird dabei zwischen 50 und 70 000 W/m² variiert, so dass die durch elektrisches Beheizen der Versuchsrohre eingebrachte Wärme bei hohen Wärmestromdichten über voll ausgebildetes Blasensieden und bei kleinen Wärmestrom­dichten und tiefen Siededrücken durch freie einphasige Konvektion abgeführt wird.

Wie von Untersuchungen an Rohren mit kleinem Durchmesser bekannt ist, nimmt a auch für die in dieser Arbeit untersuchten Glatt- und Rippenrohre mit großen Außendurch­messern im Bereich des Blasensiedens mit steigender Wärmestromdichte und wachsendem Druck kontinuierlich zu, und die Messwerte bei konstantem Druck können in doppelt logarith­mischer Auftragung über weite Bereiche durch Geraden interpoliert werden.

Ein direkter Vergleich der Messwerte am geschmirgelten Glattrohr mit großem Außendurch­messer mit Ergebnissen an einem Glattrohr mit kleinem Durchmesser (7,6 mm) und gleicher Oberflächenbehandlung zeigt, dass für tiefe Siededrücke p* <= 0.12 bei hohen Wärmestrom­dichten kein Durchmessereinfluss feststellbar ist und der Wärmeübergangs­koeffizient a am großen Rohr weniger stark abnimmt als am kleinen. Mit wachsendem Druck steigt a mit fallender Wärmestromdichte am großen Rohr schwächer als am kleinen an, so dass bereits ab p* >= 0.4 das kleine Rohr über den gesamten Belastungsbereich höhere Wärmeübergangskoeffizienten liefert.

Beide Effekte – die besseren Wärmeübergangsbedingungen bei kleinen Wärme­strom­dichten und tiefen Drücken und die Verschlechterung bei hohen Drücken und hohen Wärmestrom­dichten am großen Rohr- können durch die mit den am Rohrumfang hochlaufenden Blasen verbundenen Mechanismen erklärt werden: Bei geringer Blasendichte (tiefe Drücke und kleine Wärmestromdichten) wird der überhitzten Flüssigkeitsschicht zusätzliche Phasen­grenzfläche angeboten, an der die Überhitzung durch Verdampfen aufgebaut werden kann, und zwar beim Rohr mit dem größeren Durchmesser wegen des längeren Strömungsweges mehr als beim kleineren.

Umgekehrt können die am Umfang hochlaufenden Blasen am großen Rohr auch eine verschlechternde Wirkung auf den Wärmeübergang ausüben, wenn die Blasendichte groß und die Aufstiegsgeschwindigkeit bereits klein ist (hohe Wärmestromdichten, hoher Druck), weil die Zufuhr von Flüssigkeit an die Heizfläche behindert ist.

Insgesamt ist der in der vorliegenden Arbeit gefundene Durchmessereffekt deutlich schwächer und teilweise gegenläufig zu dem, was man aus der Literaturlage folgern kann. Außerdem unterscheidet sich der Anstieg des Wärmeübergangskoeffizienten mit der Wärmestromdichte und dem normierten Siededruck nur geringfügig von dem kleinerer Rohre.

Die Versuche mit dem sandgestrahlten Glattrohr und Rippenrohr zeigen, dass das Blasensieden an diesen rauhen Oberflächen bereits sehr früh einsetzt, was jedoch keinesfalls zu einer Aktivierung sämtlicher Keimstellen führt, so dass die Hysterese an diesen Rohren – mit Ausnahme tiefer Drücke am Rippenrohr- praktisch bis zu den höchsten hier einstellbaren Wärmestromdichten reicht.

Abhängig vom Aktivierungsgrad der Keim­stellen werden unterschiedliche Temperaturvariationen über dem Rohrumfang ermittelt. Anhand einer Messung in der Nähe des Atmosphärendruckes, bei der durch kurzzeitiges Filmsieden eine vollständige Keimstellenaktivierung erreicht werden konnte, wird gezeigt, dass sich der Einfluss des Rohrdurchmessers auf den Wärmeübergang beim Blasensieden bei sandgestrahlten Rohren nicht von dem an geschmirgelten Rohren unterscheidet.

Dabei lieferte das sandgestrahlte Glattrohr erwartungsgemäß deutlich größere a-Werte und eine geringere Abnahme von a mit fallender Wärmestromdichte als das geschmirgelte, wobei der Einfluss der Oberflächenrauhigkeit bei hohen Wärmestromdichten näherungsweise durch eine einfache Umrechnung der Mittenrauhigkeiten Ra erfasst wird.

Weitergehende Untersuchungen am sandgestrahlten Glattrohr wurden durch einen irreparablen Defekt im Inneren dieses Rohres verhindert.

Verglichen mit den Ergebnissen am großen sandgestrahlten Glattrohr bei vollständiger Keimstellenaktivierung wurden mit dem sandgestrahlten Rippenrohr in der Nähe des Atmosphärendrucks kleinere a-Werte gemessen, wenn a auf die gesamte äußere Ober­fläche bezogen wird, wobei sich der Unterschied zwischen beiden Rohren zu kleinen Wärme­stromdichten hin verringert. Beides steht im Gegensatz zu dem bisher für unbehandelte Rippenrohre Bekannten, wonach Rippenrohre höhere a-Werte aufwiesen und sich der Abstand zum Glattrohr mit fallender Wärmestromdichte vergrößerte. Der Unter­schied im Einfluss der Wärmestromdichte zwischen Glatt- und Rippenrohr ist für die sand­gestrahlten Stahlrohre mit großen Durchmessern deutlich kleiner als zwischen Kupfer­glattrohren (mit geringer Rauhigkeit und kleinem Durchmesser) und unbehandelten Kupfer­rippenrohren. Bezüglich des Einflusses des Siededruckes stimmen die Ergebnisse am großen sandgestrahlten Rippenrohr gut mit denen unbehandelter Rippenrohre und entsprechenden Korrelationen aus der Literatur überein. Aus einer Berechnung der Tempera­tur­verteilung in den Rippen folgt, dass der Einsatz eines Stahlrippenrohres dieser Konstruktion nur bis zum halben kritischen Druck sinnvoll ist und dass bei höheren Drücken die Rippen den Wärmestrom an die siedende Flüssigkeit sogar behindern können.

Am geschmirgelten Glattrohr wird eine systematische Temperaturvariation über dem Rohrumfang gemessen, die mit zum Teil mehrere Kelvin Temperaturunterschied um Größenordnungen über der an kleinen Glattrohren liegt, bei denen ein ähnlicher Effekt nur wenige Hundertstel Kelvin betrug. Bei hohen Wärmestromdichten stellen sich an der Rohrober- und –unterseite stets Temperaturmaxima ein, und die kleinste Wandüberheizung wird an der Rohrflanke gemessen, was durch die zusätzliche Phasengrenzfläche und das frühe Blasenablösen infolge der hochströmenden Blasen bewirkt werden dürfte. Mit fallender Wärmestromdichte verringert sich vor allem die Wandüberhitzung an der Rohrunterseite relativ zu den übrigen Umfangsabschnitten, so dass sich hier bei kleinen Wärmestrom­dichten ein Temperaturminimum einstellt. Lediglich bei tiefen Drücken p* <= 0.10 und Wärmestromdichten in der Nähe des Übergang zur freien Konvektion ohne Blasenbildung und nur wenigen Blasen an der Rohrunterseite kehrt sich dieser Verlauf um, und es bildet sich wiederum ein Temperaturmaximum an der Rohrunterseite.

Durch eine zusätzliche Anströmung des Versuchsrohres von unten mit Dampfblasen verringert sich die Wandüberhitzung vor allem bei kleinen Wärmestromdichten am Versuchs­rohr an der Rohrunterseite, wo die anströmenden Blasen auf die Oberfläche treffen. Bei hohen Wärmestromdichten und hoher Blasenbelegungsdichte durch aktive Keimstellen am Versuchsrohr üben die zusätzlichen Blasen dagegen keine bzw. eine den Wärmeübergang eher verschlechternde Wirkung aus.

Entsprechend führt eine zusätzliche Anströmung der Versuchsrohre mit Dampfblasen oder Flüssigkeit vor allem bei kleinen Wärmestromdichten am Versuchsrohr zu einer deutlichen Verbesserung des Wärmeübergangs, wobei der Wärmeübergangskoeffizient von der Wärmestromdichte am Versuchsrohr unabhängig ist und nur von den Anström­bedingungen abhängt, wie es vom Strömungssieden bekannt ist. Im Fall der Blasen­anströmung können die Messwerte am Glatt- und Rippenrohr im konvektiv dominierten Bereich sehr gut durch ein Modell von Fujita et al. wiedergegeben werden, wobei für das Rippenrohr der Rippen­wirkungsgrad in die Berechnung einbezogen werden muss. Für die Flüssigkeits­anströmung stimmt die gemessene relative Zunahme von a mit steigender Flüssigkeitsanströmung im konvektiv dominierten Bereich mit einem Berechnungsverfahren aus der Literatur überein.


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